Mehr Wertschätzung für die, die sich für den schönsten Beruf Schleswig-Holsteins entscheiden
Es gilt das gesprochene Wort.
TOP 14 – Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst unterstützen
Dazu sagt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Krüger:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Süddeutsche Zeitung hat im März einen Artikel zum Lehrer*innenmangel und den strukturellen Problemen des Vorbereitungsdienstes geschrieben. Dort heißt es, ich zitiere: „Tausende Referendare sitzen bis spät abends in Lehrerzimmern, bekommen mitleidige Blicke von den älteren Kollegen, ein Schulterklopfen, die Aussage: wir mussten da auch durch. Tagsüber putschen sie sich mit Kaffee auf, abends schlucken sie Beruhigungstabletten.“ Wer Lehramt studiert, dem erzählen die Älteren vom Referendariat: „Es ist die Hölle“, „die schlimmsten zwei Jahre meines Lebens“.
Das ist ziemlich genau das, was ich an Schulen als Lehrkraft, als Freund oder als Abgeordneter höre. Der Vorbereitungsdienst ist alles, aber er ist definitiv nicht beliebt. Es ist keine Zeit auf die man sich freut oder der man sehnsüchtig entgegenfiebert.
Im Zeitraum der Schulhalbjahre 2015/16 bis 2017/18 war der Anteil der LiV, die ihren Vorbereitungsdienst abgebrochen haben oder durch die Abschlussprüfung gefallen sind, wie folgt: 2015/16: 14,2 Prozent; 2016/17: 1.Hj. 14,4 Prozent, 2.Hj. 12,1 Prozent; 2017/18: 1.Hj. 11,2 Prozent, 2.Hj. 5,1 Prozent. In diesem Zeitraum brachen deutlich mehr LiV ihren Vorbereitungsdienst ab, als dass sie durch die Prüfung fielen. Die Abbruch- und Durchfallquoten waren im Gymnasiallehramt am höchsten.
Dagegen müssen wir etwas tun und daher freue ich mich sehr, dass wir heute über diesen Antrag debattieren. Im Kern geht es darum, dass wir Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst besser unterstützen wollen. Dafür sehen wir erst einmal fünf Möglichkeiten:
- Wir wollen ein verbessertes Konzept für Beratungsangebote. Dabei soll ein Schwerpunkt auf die Entwicklung der LiV gelegt werden. Bei jungen Lehrkräften geht es darum, sie im Vorbereitungsdienst fit für das Berufsleben zu machen. Dafür brauchen LiV eine enorm gute Rückmeldung zu ihrer Entwicklung in Didaktik, Methodik und angewandter Pädagogik.
- Die Bewertungskriterien für die Staatsprüfung müssen so weiterentwickelt werden, dass sie den Lehrkräften in Vorbereitung auch transparent zur Verfügung gestellt werden können. Viel zu oft stochern LiV noch im Dunkeln bei ihrer eigenen Prüfung. Oftmals gibt es keine Rückmeldung zu allen Teilen der Prüfung. Lehrkräfte lernen, wie man Schüler*innen an Kriterien bewertet. Jetzt stellen Sie sich vor, dass ich bei der Prüfung, die über mein Lehrerdasein entscheidet, nicht mal eine Rückmeldung anhand von Kriterien bekomme, wieso ich in meiner Unterrichtsstunde nur eine drei und keine zwei erhalten habe. Später soll ich dann aber im Unterricht meinen 27 Schüler*innen anhand von Kriterien erklären, wie ich zu einer Note gekommen bin. Das passt nicht, deswegen ist das genau richtig, was wir hier im Antrag fordern.
- Es gibt bereits Anreizmöglichkeiten für LiV in bestimmten Regionen. Wenn sie in Steinburg oder Dithmarschen Grundschul- oder Förderschullehrer*in werden wollen, dann kann es sein, dass sie an bestimmten Schulen eine erhöhte Vergütung bekommen. Dieser Ansatz reicht nicht für die Herausforderungen aus, vor denen wir stehen. Ich glaube, wir müssen auch noch mehr über die passgenaue Erstattung von Fahrtkosten, eine höhere Vergütung und gemeinsam mit den Kreisen eventuell über Anreize bei Mietkosten nachdenken.
- Ich bin der Überzeugung, dass der Runde Tisch – also die Vertretung der LiV – gestärkt werden muss. Es gibt einen hohen Unmut unter Referendar*innen über den Vorbereitungsdienst. LiV haben viele kluge Ideen für die Verbesserung des Vorbereitungsdienstes. Diese Ideen sollten wir mehr nutzen. Wissen Sie aber, was mir viele LiV gesagt haben: Wir trauen uns nicht, bestimmte Dinge anzusprechen, weil wir Zitat: „am Ende der Nahrungskette stehen“. Es gibt also eine Angst vor schlechter Bewertung oder Stigmatisierung, wenn man den Mund aufmacht – und das darf nicht sein. Wir müssen den Runden Tisch also weiterentwickeln, damit LiV dort auch ohne Angst ihre Anregungen vorbringen.
- Außerdem müssen wir Berufseinsteiger*innen nach dem Vorbereitungsdienst Vernetzungsangebote an die Hand geben. Viele fühlen sich nach dem Referendariat und mit dem Einstieg in den Beruf überfordert. Auch hier höre ich Stimmen, die sagen: Ja, was denn alles noch. Aber nochmal: Wir brauchen jede*n für unsere Schulen. Unser Ziel muss es also sein, den Beruf möglichst attraktiv zu gestalten.
Mit diesen Maßnahmen lösen wir nicht jede Herausforderung, die der Einstieg in den Lehramtsberuf mit sich bringt. Deshalb werden wir auch beim Handlungsplan Lehrkräftegewinnung und darüber hinaus weiter umfängliche Veränderungen der Lehramtsausbildung anregen und darüber künftig vermehrt drüber diskutieren. Aber dieser Antrag zeigt, worum es uns geht: Dass Menschen, die sich für den schönsten Beruf Schleswig-Holsteins entscheiden, auch unser aller Wertschätzung dafür erfahren.
Zum SPD-Änderungsantrag: Sie haben ein paar wichtige und richtige und ein paar aus meiner Perspektive irreführende Punkte. Deswegen können wir dem Antrag nicht zustimmen. Aber ich würde mich freuen, wenn wir in den kommenden Monaten die Idee der Berufseingangsphase intensiv diskutieren und auch den verstärkten Praxisbezug konkreter fassen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank!