Malte Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Erst einmal vielen Dank für den Bericht, Frau Ministerin. Ja, wir haben hier im Parlament eine besondere Feedbackkultur. Das habe ich schon gemerkt. – Jetzt geht es aber um Schülerfeedback. Mit Noten, Worten, Anmerkungen, Berichten und Zeugnissen – Lehrerinnen und Lehrer bewerten ihre Schülerinnen und Schüler täglich. Lehrerinnen und Lehrer oder auch die Schule selbst erhalten jedoch selten Feedback. Das letzte ausführliche Feedback zum Unterricht stammt häufig aus dem Vorbereitungsdienst oder von der Stunde zur Verbeamtung. Kritik und Lob gibt es im Alltag ab und zu mal und häufig indirekt – der Kollege Balasus kennt das vermutlich –, wenn man mal zufällig ein Gespräch zwischen Schülerinnen und Schülern untereinander aufschnappt. Denn natürlich haben Schülerinnen und Schüler eine Meinung zum Unterrichtsgeschehen. Sie reden ausführlich untereinander und geben Rückmeldung, auch über das Internet.
Das merken wir dann zum Beispiel an Seiten wie spickmich oder Lernsieg. Lernsieg, das ist eine App, mit der Schülerinnen und Schüler ihre Lehrkräfte anonym bewerten können. Wenn Sie sich diese App einmal genauer anschauen, dann wird Ihnen als Allererstes ein Angebot für Schulmerchandise gemacht. Das ist eine App, die Profit machen will, die einen Lehrer über den Daumen mit Noten beurteilen will. Das ist natürlich nicht das, was wir wollen; da sind wir uns alle einig. Denn solche Plattformen öffnen Tür und Tor für Missbrauch. Diese Portale sind zum Teil gespickt mit extremistischen Verunglimpfungen. Die sind also echt abzulehnen.
Das Potenzial von systematischen Schülerrückmeldungen bleibt oftmals ungenutzt. Deshalb finde ich es gut, dass wir da ran wollen. Rückmeldungen sind wichtig für das Selbstbild und die Unterrichtsentwicklung. Wir wollen dieses Potenzial stärker entfalten. Bei einer Rückmeldung geht es nicht darum, unverblümt nach jeder Stunde der Lehrkraft eine Note zu erteilen. In einer gelebten Feedbackkultur sind Rückmeldungen kriteriengeleitet, methodisch durchdacht und systematisch umgesetzt. Mit Schülerinnen und Schülern können vorab Kriterien guten Unterrichts erarbeitet und Feedbackregeln aufgestellt werden. Das schafft Transparenz und eine demokratische Unterrichtskultur.
Meine Damen und Herren, in all den Krisen, die wir momentan erleben, wollen Schülerinnen und Schüler gehört werden mit ihren Sorgen und mit ihren Ängsten. Da ist ein Schülerfeedback genau das Richtige, denn es kann die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Wertschätzendes und anregendes Feedback mit auf den Weg zu geben, verbessert nachweislich die Unterrichtsqualität.
An Hochschulen ist diese Form der Evaluation – das wissen viele von Ihnen sicherlich – schon längst Standard. Es gehört also bereits zur Kultur. Der Schritt, nun systematisch auch Schülerfeedback anzugehen, ist genau richtig.
Meine Damen und Herren, was ist uns Grünen nun besonders wichtig? Schriftliches Feedback bringt nichts, wenn es danach in der Schublade verweilt und nicht weiter berücksichtigt wird. Deswegen ist uns Grünen wichtig, dass als Teil der Feedbackkultur Lehrende und Lernende über die Rückmeldung ins Gespräch kommen, dass beide Seiten reflektieren und konkrete Handlungsalternativen für das Unterrichtsgeschehen gemeinsam entwickeln. Dazu brauchen wir die Bereitschaft und Offenheit von Lehrerinnen und Lehrern zur kritischen Reflektion und bei Schülerinnen und Schülern eine ähnliche Bereitschaft. In der Vorbereitung müssen Ängste genommen werden, Klarheit und Berechenbarkeit bei der Implementierung müssen geschaffen werden. Denn das schafft Vertrauen, darum muss es gehen. Vertrauen in die Feedbackschleife muss geschaffen werden. Inhalt und Formulierung der Feedbackfragen sind für die Qualität des Feedbacks dann auch entscheidend. Das IQSH kann gemeinsam mit den Schulen ebenso solche Feedbackinstrumente entwickeln und auch erproben. Deswegen finde ich es besonders gut, dass es erst einmal auch über drei Jahre wissenschaftlich begleitet werden soll.
Auch eine Feedback-App könnte zukünftig eine gute Idee sein. Das wird sich aber sicherlich zeigen, ob das eine sinnvolle Ergänzung sein kann. Die altersbezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler müssen Berücksichtigung finden. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe können durchaus ein reflektierteres Feedback geben, als das vielleicht in der Grundschule der Fall ist. Aber auch in der Grundschule kann eine Form des Feedbacks erfolgen. Wir wollen dieses Feedbackinstrument zusammen mit IQSH, den Schulen und den Erkenntnissen der Bildungsforschung und den Schülervertretungen entwickeln. Darauf freue ich mich. – Vielen Dank fürs Zuhören.