Anteile der Eltern an den schulischen Bildungskosten iher Kinder sowie Kostenanteile der Schulträger
Dazu sagt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Krüger:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
SPD und SSW haben in ihrer großen Anfrage einen umfassenden Fragenkatalog eingereicht. Und jetzt wundern sich Herr Habersaat und Frau Waldinger-Thiering darüber, dass das Ministerium oftmals keine Auskunft geben kann. Ich sage Ihnen: Dann stellen sie doch nächstes Mal die richtigen Fragen. Bei vielen Fragen wussten Sie, dass das Ministerium darauf keine Auskunft geben kann, schlicht und ergreifend, weil die Daten nicht erhoben werden.
Und meine Kollegin Ines Strehlau hat Ihnen hier exakt an dieser Stelle schon 2020 folgendes gesagt. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin: „Originär sind die Schulträger für die Lernmittel zuständig, die Frage nach den Fahrtkosten wird auf Kreisebene geregelt, während der Bund für die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zuständig ist.“
Ich habe den Eindruck, dass Sie hier ein Thema aufwärmen wollen, von dem sie ganz genau wissen, dass es eben ein kompliziertes Thema ist, das nicht einfach gelöst werden kann. Und die Lösung muss auf mehreren Ebenen gedacht werden. Durch bundesweite Unterstützung wie das Bildungs- und Teilhabepaket oder durch kommunale Ansätze wie in Lübeck, wo jetzt eine kostenfreie Schüler*innenbeförderung im ÖPNV geprüft wird.
Für das Land fordern GEW, Eltern- und Schüler*innenvertretungen und der Kinderschutzbund fordern nun drei Dinge:
Einen Maßnahmenplan zur Senkung der Schulkosten, aber leider wird nicht konkreter ausgeführt, wie dieser Maßnahmenplan ausschauen soll. Hierüber sollten wir also gemeinsam reden!
Eine echte Lernmittelfreiheit. Weder wir als Landesebene, noch die Kreise oder der Bund sind in der Lage die Kosten, die durch den Schulbesuch entstehen, vollständig zu übernehmen. Bei rund 361.000 Schüler*innen in Schleswig-Holstein wären das Ausgaben von vermutlich über einer halben Milliarde Euro jährlich, wenn man Kosten für Klassenfahrten, Nachhilfe oder Schulessen mit einbezieht. Wir hatten gestern Haushaltsverhandlungen und wenn Sie der Frau Bildungsministerin und dem Kollegen Balasus gut zugehört haben, dann werden Sie über die Zahl von drei Milliarden Euro im Einzelplan 07 gestolpert sein. Der Vorschlag nach einer echten Lernmittelfreiheit würde also den Einzelplan 07 um mindestens 1/6 in die Höhe schnellen lassen. Ich mag mir nicht das Gesicht der Finanzministerin vorstellen, wenn ich dies vorschlagen würde. Ich glaube, dieses Geld kann wesentlich sinnvoller eingesetzt werden, da - und das fehlt mir hier in der Debatte - ich bei einer echten Lernmittelfreiheit eben auch Kinder- und Jugendliche entlaste, bei denen das Elternhaus die Kosten für den Schulbesuch durchaus selbst stemmen kann. Das ist ein Gießkannenmechanismus. Wir brauchen stattdessen Maßnahmen, die gezielt unterstützen, ich schaue da in Richtung Kindergrundsicherung. Und wir sollten darüber reden, was tatsächlich Lernmittel sind und was nicht.
Eine Selbstverpflichtung soll erwirkt werden. Ich bin für Selbstverpflichtungen. Ganz bestimmt. Ich finde das ein gutes Mittel, aber ich möchte eben nicht, dass das Land diese Selbstverpflichtungen erwirkt. Ich denke es ist richtig, dass jede Schule eine Diskussion darüber führt, ob sie eine Selbstverpflichtung bei den Lernmitteln, Klassenfahrten, etc. einführt und wenn ja, in welcher Höhe. Beispielsweise hat die Schulkonferenz des Ernst-Barlach-Gymnasiums in Kiel beschlossen, dass bei Klassenfahrten nicht mehr geflogen wird, Ausnahmen sind Reisen der Sprach-Profile und Schüler*innenaustausch. Für jede Stufe wurde außerdem ein vertretbarer Höchstsatz für Klassenfahrtkosten vereinbart. Das finde ich gut und das können andere Schulen auch jetzt schon so machen.
Das Grundgesetz verpflichtet uns, niemanden auf Grund seiner oder ihrer Herkunft zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Im Vergleich zu anderen Ländern sagt in Deutschland die soziale Herkunft überdurchschnittlich stark voraus, welcher Anteil einer Altersgruppe die Hochschulreife erreicht, eine Ausbildung oder ein Studium abschließt. Und diese Unterschiede erkennt man übrigens auch an den Zahlen, die durch die Große Anfrage jetzt veröffentlicht wurden. An Gymnasien wird zum Beispiel durchschnittlich mehr Geld für Klassenfahrten ausgegeben als an Gemeinschaftsschulen. Für uns Grüne ist klar: Es darf nicht sein, dass der Geldbeutel der Eltern darüber entscheidet, welche Bildungschancen ich habe, welchen Beruf ich erlernen kann und welche Bildungschancen meine Kinder einmal haben.
Natürlich gibt es individuell verschiedene Bildungsverläufe, nicht jede und jeder soll, muss oder will seinen Ausbildungsweg als Meisterin oder mit dem Doktorgrad abschließen. Aber ein geringes Einkommen einer Familie oder eines alleinerziehenden Elternteils sollte nicht die Wünsche, Träume und Chancen junger Menschen verbauen.
Eine von der Landesregierung 2016 in Auftrag gegebene Studie ergab, dass Eltern im Schnitt über 400 Euro Sachkosten ausgeben für Dinge, die Schüler*innen in der Schule brauchen: Schulequipment, Stifte, Arbeitshefte und Lektüren, Sportsachen. Einige dieser Dinge nutzt man nicht ausschließlich in der Schule und sie fallen somit nicht unter die Lernmittelfreiheit nach §13 des Schulgesetzes, aber man braucht sie nun mal auch dafür. Und spätestens die Pandemie hat gezeigt, ein digitales Endgerät - und ich meine kein Smartphone – ist für einen modernen Unterricht unerlässlich.
Diese Kosten treffen alle Eltern. Die, die es am nötigsten haben, werden durch das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes dabei unterstützt und wir begrüßen, dass die Mittel dafür erhöht und dynamisiert wurden.
Die Antwort der Landesregierung zeigt aber mit Blick auf zum Beispiel die Verpflegungskosten: Wir haben mit der Umsetzung des Anspruchs auf Ganztagsbetreuung auch eine riesige Aufgabe vor uns. Wie wir dabei zusätzliche Belastungen für Eltern vermindern oder verhindern können, darüber wollen und werden wir sprechen müssen.
Die kommende Kindergrundsicherung bietet die Chance, Eltern bei den Bildungskosten ihrer Kinder stärker zu unterstützen, indem zum Beispiel Kosten für Klassenfahrten berücksichtigt werden. Hier gilt es, im Bund weiter darauf hinzuwirken, dass die Kindergrundsicherung entsprechend ausgestaltet wird. Das ist auch der richtige Weg. Unser langfristiges Ziel bleibt die Bekämpfung sozialer Ungleichheit insgesamt und nicht die kostenfreien Schulmittel für alle Schüler*innen egal mit welchem Einkommen.
Außerdem müssen wir noch besser verstehen, welche Kosten Eltern belasten. Das ist auch aus der Großen Anfrage herauszulesen. Dies muss aber durch Studien wie der von 2016 geschehen. Noch besser wäre, wenn wir bundesweit mehr Vergleichbarkeit hätten.
Denn leider gilt: Wir haben in Deutschland und Schleswig-Holstein immer noch ein Problem mit Bildungsgerechtigkeit. Der Schulabschluss darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen. Schul- und Klassenkonferenzen stehen in der Verantwortung, darauf zu achten, dass bei Klassenfahrten und Ausflügen alle mitkommen können. Das Land kann und muss hier unterstützend wirken und sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Kosten für den Schulbesuch im Rahmen der Kindergrundsicherung gedeckt werden.
Vielen Dank