Zum Antrag der SPD-Fraktion "Gute Arbeitsbedingungen für gute Lehrkräfte"
Dazu sagt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Krüger:
Sehr geehrte Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,
gute Arbeitsbedingungen für gute Lehrkräfte liegen uns allen sehr am Herzen. Die Belastung ist groß, wir haben dies hier mehrfach thematisiert. Nun macht die SPD-Fraktion einen Vorschlag, in dem sie drei Dinge fordert. Davon ist eine nicht umsetzbar und nicht bezahlbar, eine Idee fänden wir Grüne genial gut, aber die ist ebenfalls schwer zu finanzieren und eine Idee wird längst so ähnlich gemacht.
Schauen wir uns Ihr sogenanntes „Maßnahmenpaket“ noch einmal genauer an: In der letzten Plenarsitzung haben wir uns ausführlich mit dem Thema Fachkräftemangel beschäftigt und uns die aktuelle Situation vor Augen geführt. An den Schulen in Schleswig-Holstein fehlen unzählige Lehrkräfte. Planstellen können nicht besetzt werden. Woche für Woche müssen Lehrer*innen an ihren Schulen zahlreiche Vertretungsstunden leisten. Zusätzlich versuchen Vertretungslehrkräfte und Studierendem die Unterrichtslücken zu schließen.
Im seit 1990 von der SPD regierten Brandenburg wurden die Pflichtstunden für Lehrkräfte der Grund- und Oberschulen seit dem Schuljahr 2014/15 und seit dem Schuljahr 2015/16 auch für die übrigen Schulen reduziert. Brandenburg liegt im Bundesvergleich im Drittel mit der geringsten Unterrichtsverpflichtung. Und mit welchem Ergebnis? In den letzten Wochen stolpert man über Schlagzeilen, wie „Lehrermangel in Brandenburg: Verbände schlagen Alarm“ und „Lehrer fehlen: Brandenburg erwägt mehr Selbstunterricht und Einsatz von Hilfslehrern“.
In Niedersachsen wollte die SPD fast zeitgleich die Pflichtstunden für Lehrkräfte erhöhen, allerdings wurde die Erhöhung als rechtswidrig eingestuft. Und in Sachsen-Anhalt haben CDU, SPD und FDP erst im letzten Monat entschieden, die Pflichtstunden um eine Stunde zu erhöhen. Sie scheinen sich innerhalb Ihrer Partei uneinig zu sein.
Also, liebe SPD: Wie stellen Sie sich das vor? Wie soll es in der derzeitigen Situation möglich sein, die Unterrichtsverpflichtung für Klassenlehrkräfte in Schleswig-Holstein zu reduzieren? Welche Qualität und Quantität an Unterricht könnte unseren Schüler*innen dann noch geboten werden?
Mir ist bewusst, dass Sie den Versuch starten, den Lehrer*innenberuf durch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen und so dem Fachkräftemangel entgegenwirken wollen. Aber so sehr auch ich mir eine Entlastung für unsere Lehrkräfte wünsche, ist es nun leider so, dass, solange der Fachkräftemangel nicht auf anderen Wegen massiv gemildert werden kann, Pflichtstunden nicht reduziert werden können.
Das würde einen Mehrbedarf an Stellen und so einen noch stärkeren Fachkräftemangel auslösen. Erst wenn wir dem Fachkräftemangel durch gezielte Maßnahmen entgegenwirken, können wir uns über die Senkung der Pflichtstunden unterhalten, um den Lehrer*innenberuf langfristig attraktiv zu machen. Die Reihenfolge ist hier ganz entscheidend.
Und zu guter Letzt ist es natürlich auch eine Kostenfrage. Wie bereits erwähnt, löst eine Reduzierung der Pflichtstunden einen Mehrbedarf an Stellen aus. Wie soll dieser noch finanziert werden? Wir reden hier über 284 Stellen ohne DaZ und 296 Stellen mit DaZ. Das sind Kosten in Höhe von 15 Millionen Euro. Wenn ich jetzt noch ihre Kosten für das kostenlose Essen an Kitas dazu nehme, bin ich bei Kosten zwischen 65 Millionen und 115 Millionen Euro, die sie hier am Vormittag mal locker flockig verteilen wollen.
In Mecklenburg-Vorpommern hatte die CDU im letzten Monat vorgeschlagen, die Pflichtstunden zunächst in Form von Guthabenstunden auf Lebens-Arbeitszeitkonten stufenweise zu senken. So wollte die CDU eine Entlastung schaffen, die zeitverzögert in Kraft tritt, um gleichzeitig das strukturelle Problem des Lehrer*innenmangels beheben zu können. Der Antrag wurde von Ihren Genoss*innen sowie der Linksfraktion abgelehnt. Bildungsministerin Simone Oldenburg hat das damit begründet, dass 980 zusätzliche Vollzeitkräfte nötig wären, um den Vorschlag umzusetzen und Zusatzkosten von etwa 200 Millionen Euro für vier Jahre entstehen würden. Dadurch wird doch klar, was für ein Spiel wir hier sehen. Die Opposition kommt mit teuren Ideen ohne jeglichen Finanzierungsvorschlag.
Es wird derzeit also leider nicht möglich sein, diese Maßnahme umzusetzen. Nächster Vorschlag: Schulleitungen erhalten ein zusätzliches Stundenkontingent, um besonders engagierte Kolleg*innen an ihren Schulen zu entlasten. Bei dieser Maßnahme wären Grüne und SPD sich einig. Eine Schaffung von Poolstunden ist auch langfristig unser Ziel, aber auch hier bleibt aktuell die Finanzierungsfrage offen.
Kommen wir zur Einstellung von Seniorlehrkräften, um Vertretungslehrkräfte ohne abgeschlossene Berufsausbildung anzuleiten und zu unterstützen. Herr Habersaat, wenn ich mich richtig erinnere, waren Sie im Gegensatz zu mir in den letzten Legislaturperioden schon Abgeordneter. Seniorexpert*innen gibt es in Schleswig-Holstein schon seit dem Jahr 2014. Im Übrigen wurde die Entscheidung über den Einsatz von vom Kabinett Albig getroffen.
Diese ausschließlich für die Ausbildung, Anleitung und Unterstützung von Vertretungslehrkräften einzusetzen, überzeugt mich nicht. Ich denke auch, dass mehr Seniorlehrkräfte für solche Aufgaben eingesetzt werden sollten, aber der Mix macht es. Vertretungslehrkräfte freuen sich auch darüber, von jüngeren Lehrkräften Hilfestellungen zu erhalten, denn jede Generation an Lehrkräften hat doch auch eigene didaktische Vorstellungen für den Unterricht.
Festhalten kann ich also, dass eine Maßnahme derzeitig unmöglich umzusetzen, eine weitere zumindest für uns Grüne wünschenswert und letztere bereits an vielen Schulen angekommen ist.
Vielen Dank!