Faire Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte an Hochschulen
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
die Arbeitsbedingungen von studentischen Beschäftigten richten sich nach gesetzlichen Vorschriften. Sie haben einen Anspruch auf Urlaub, auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, auf Mindestlohn – schon jetzt. Aber nützt ihnen das, wenn es nicht umgesetzt wird?
Viele studentische Beschäftigte kennen ihre Rechte selbst nicht, wissen nicht, dass sie sich bezahlten Urlaub nehmen können. Wissen nicht, dass sie sich nicht krank zur Arbeit schleppen müssen, dass sie das eigentlich auch gar nicht dürfen. Dagegen könnte man angehen, diese Rechte könnte man bekannter machen.
Noch schwerer wiegt aber, dass auch die Arbeitgeber*innen, oft Professor*innen, diese Rechte selten kennen. Viele halten sich an das Arbeitsrecht und bringen ihren studentischen Beschäftigten die Wertschätzung entgegen, die sie verdienen. Aber immer wieder gibt es Fälle, in denen das nicht geschieht. In denen Druck ausgeübt wird, trotz Krankheit zu arbeiten, es ginge ja auch ganz bequem „von Zuhause aus“. In denen geltende Urlaubsregelungen verleugnet werden. Und für diese Fälle reicht der Verweis auf die gesetzlichen Regelungen nicht aus.
Denn es handelt sich ja bei solchen Beschäftigungsverhältnissen meist nicht um „gewöhnliche“ Arbeitnehmer*in-Arbeitgeber*in-Verhältnisse. Allzu oft ist die Chefin auch Notengeberin für den Hochschulabschluss, entscheidet der Chef darüber, ob ich anschließend an mein Studium eine Promotionsstelle in der gleichen Arbeitsgruppe bekomme. Und eine unabhängige Vertretung gibt es für studentische Beschäftigte nicht – der Personalrat der Uni vertritt sie nicht.
Ich habe als „HiWi“ also einen Anreiz, öfter mal den Mund zu halten oder krank zu arbeiten. Darauf zu hoffen, dass mein befristeter Vertrag schon noch um ein weiteres Semester verlängert wird, und dass ich das dieses Mal früher als zwei Wochen vor Vertragsende erfahre. Ich habe das selbst nicht so erleben müssen, aber ich denke mir das auch nicht aus.
Eine Bestandsaufnahme seitens der Tarifgemeinschaft der Länder steht trotz Ankündigung 2021 weiterhin aus. Laut der vom Institut für Arbeit und Wirtschaft der Uni Bremen im Auftrag von ver.di, GEW und dem Netzwerk TVStud durchgeführten Studie, die unter dem Titel „Jung, akademisch, prekär“ veröffentlicht wurde, liegt die durchschnittliche Vertragslaufzeit studentischer Beschäftigter in Schleswig-Holstein bei unter sechs Monaten. Mehr als die Hälfte der Befragten bundesweit wurde von ihren Vorgesetzten nicht über ihren Urlaubsanspruch aufgeklärt, 6,8 Prozent erhielten gar die Falschinformation, sie hätten keinen Anspruch. Mehr als die Hälfte der Schleswig-Holsteinischen Befragten arbeitet zumindest manchmal ihre Krankheitstage nach.
So geht das nicht. Eine studentische Beschäftigung muss schon aus Gründen der Sicherung von Forschung und Lehre attraktiv sein, denn ohne HiWis läuft es nicht. Und der Einstieg in eine Arbeitsgruppe – und damit vielleicht später in eine wissenschaftliche Laufbahn – darf nicht davon abhängen, ob ich es mir leisten kann, unter prekären Arbeitsbedingungen zu arbeiten. Das schafft keine Chancengerechtigkeit.
Deshalb brauchen wir einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte an Hochschulen. Wir brauchen einen TVStud. Dafür haben sich heute Mittag zu Recht Menschen vor dem Landeshaus versammelt, um das einzufordern. Sie fordern Mindestvertragslaufzeiten – hier bieten die aktuell laufenden Verhandlungen zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz eine Chance auf Bewegung –, eine Entlohnung oberhalb des Mindestlohns, eine konsequente Umsetzung von Arbeitnehmer*innenrechten und eine eigene Personalvertretung.
Dafür müssen wir uns einsetzen. Nach der Logik der Tarifgemeinschaft der Länder können wir keinen eigenen, auf Schleswig-Holstein beschränkten Tarifvertrag für studentische Beschäftigte abschließen. Wir würden unser Stimmrecht in der Tarifgemeinschaft verlieren, das ist mit Blick auf die vielen anderen Prozesse, die dort gemeinsam abgestimmt werden, kein gangbarer Weg. Also müssen wir die Tarifgemeinschaft mitnehmen und dort für eine ausreichende Mehrheit eintreten.
Aktuell gibt es die benötigte Drei-Fünftel-Mehrheit für einen TVStud in der Tarifgemeinschaft der Länder nicht. Deshalb müssen wir und allen voran unsere Finanzministerin Monika Heinold weiterhin Überzeugungsarbeit leisten.
Ich bin gerne mit dabei.
Vielen Dank.