Bildung darf nicht in eine Schuldenfalle führen
TOP 47 – Deckelung der KfW-Studienkreditzinsen
Dazu sagt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Krüger:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrte Kolleg*innen,
Eine Studentin, die im letzten Jahr ihr Studium beendet hat, nennen wir sie Steffi, hat sich ihr einen Großteil ihres Studiums über einen KfW-Studienkredit finanzieren müssen. Steffi hat sich dafür 16.000 Euro bei der KfW geliehen.
Doch dann haben sich die Zinsen von damals 3,98 % bis Oktober dieses Jahres auf satte 9,01 % erhöht. Für Steffi bedeutet das, dass sie bei einer Rücklaufzeit von rund zehn Jahren insgesamt 24.000 Euro zurückzahlen muss, 8.000 Euro allein Zinsen.
53% im Wintersemester 2022, 29% im Sommersemester diesen Jahres und nun zuletzt 15,2% zu Beginn des laufenden Semesters: Das sind die Steigerungen des Kreditzinssatzes des KfW-Bildungskredits.
Diese Entwicklung ist schlecht, geradezu schädlich für die Bildung junger Menschen. Wie soll man jemanden erklären, dass Bildung das Fundament einer funktionierenden, demokratischen Gesellschaft ist, wenn ich mich dafür extrem stark verschulde? Nein, das darf nicht unser Anspruch sein. Staatliches Handeln muss sich daran messen lassen, was es für junge Menschen und ihre Zukunft macht. Bildungschancen dürfen nicht den steigenden Kreditzahlen hinterherlaufen. Wozu marktliberale Ideen im Bildungsbereich führen können, sieht man am Beispiel der USA: Gut 40 Millionen Kreditnehmer*innen zahlen im Schnitt eine Summe von 35.000 Dollar ab, wobei die Rückzahlung pro Monat bis zu 10% des Einkommens vereinnahmt. Das sind 1,6 Trillionen US-Dollar an Schulden, die sich junge Akademiker*innen aufgenommen haben, schlicht weil die Kosten für Bildung in den USA immens hoch sind. Jetzt kann man argumentieren, dass es in Deutschland doch besser läuft und wir hier auf hohem Niveau jammern. Das ist aber falsch. 1. Auch in den USA findet gerade ein Umdenken statt und Joe Biden erlässt Studierenden die Schulden. 2. Wenn ich mit betroffenen Menschen spreche, dann ist der Frust und die Not darüber sehr groß.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Der staatlich geförderte KfW-Studienkredit ist eine wichtige Ergänzung zum BAföG und zur studentischen Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt. Er soll helfen, das Studium zu erleichtern und dabei im späteren Verlauf des Arbeitslebens nicht zu einer zu großen Belastung werden. Ich hatte auch ein Semester lang einen KfW-Studienkredit und würde auch heute noch meine Schulden abbezahlen, wenn ich nicht Glück gehabt hätte und das Evangelische Studienwerk Villigst mich nach einem Semester in die Förderung aufgenommen hätte.
Werte Kolleg*innen, das System des KfW-Studienkredits wird ins Absurde geführt, wenn sowohl in der Auszahlungs- als auch in der Rückzahlungsphase horrende Zinssätze angesetzt werden, nur, weil der Zinssatz an die allgemeinen Zinsentwicklungen gekoppelt ist. Planbarkeit sieht anders aus. Hätte Steffi während ihres Studiums gewusst, dass sich der Zinssatz so entwickeln würde, dann hätte sich wahrscheinlich gegen einen Kredit bei der KfW entschieden. So wird weder der Kredit als solcher noch das Studium attraktiver. Wir müssen es gerade einkommensschwachen Menschen so einfach wie möglich machen, ein Studium zu absolvieren. Hohe Zinssätze sind eine Einstiegshürde in das Studium, wenn der Bildungskredit die einzige Finanzierungsquelle ist. Andernfalls bekommen wir US-Verhältnisse und wir haben ja gestern an der Reaktion auf die Rede von Thomas Losse Müller gemerkt, dass niemand diesen Titel gerne führen will.
In unserem gemeinsamen Antrag von Grünen, CDU, SPD und SSW fordern wir daher die Landesregierung dazu auf, sich auf Bundesebene für eine Deckelung des Zinssatzes einzusetzen. Maximal 5% soll damit auf den Bildungskredit angesetzt werden. Dadurch entstehende Defizite im Haushalt der KfW soll der Bund tragen. Natürlich kann der Bund der KfW nicht vorschreiben, unwirtschaftlich zu handeln, aber wir sind zuversichtlich, dass es einen bankenrechtlich-konformen Weg gibt, die Studienkreditzinsen zu deckeln.
Das ist aber nicht das Einzige, was wir in unserem Antrag stehen haben. Wir begrüßen außerdem sehr, dass im Haushaltsausschuss die Kürzungen beim BAföG zurückgenommen worden sind. Zwar ist der Haushalt noch nicht final beschlossen, aber es zeigt schon einmal deutlich, dass die Ampel-Koalition auch in schwierigen Zeiten ein Auge auf Studierenden hat.
Aus persönlicher Betroffenheit weiß ich, wie sehr sich die Zinsentwicklungen auf die Rückzahlungsbeträge ausgewirkt hat. Ich könnte mir, wenn ich noch betroffen wäre, diese Entwicklung leisten, viele andere können das aber nicht. Mich haben sehr viele Anfragen dazu erreicht, das Problem ist drängend, zumal die allgemeinen Lebenshaltungskosten rasant gestiegen sind.
Lassen sie uns daher auf Bundesebene für eine Deckelung eintreten. Bildung soll sich - frei von Kapitalentwicklungen - lohnen und nicht in eine Schuldenfalle führen. Ich freue mich, dass wir diesen Antrag gemeinsam mit den meisten Oppositionsparteien stellen und hoffe, dass auch die FPD zustimmen wird, wenn wir ihrem Änderungsantrag zustimmen werden.
Herzlichen Dank
23.11.2023
Es gilt das gesprochene Wort!